Sonntag, 28. Januar 2024

Neue Lötstationen - erste Erfahrungen

Unsere alten ERSA MS250
Es gibt Dinge im Leben, die halten gefühlt eine Ewigkeit. Im Jahr der Gründung der Elektronik-AG 2002, schaffte die Schule 10 ERSA Lötstationen MS250 an. Dazu gehörten zwei Lötkolben, ein 80W Kolben mit Bleistiftspitze für gröbere  Lötarbeiten und ein Feinlötkolben 12W für SMD Bauelemente.


Im Laufe der Jahre waren diese Stationen intensiv im Einsatz und haben Generationen von AG-Mitgliedern  beim Erlernen der Löttechnik begleitet. Die eine oder andere Station musste aufgrund der vorgeschriebenen Kontrolle ortsveränderlicher Elektrogerätetechnik ausgesondert werden. Dabei war niemals der Ausfall der Station die Ursache, vielmehr die Alterung der Leitungen und die damit verbundene Unterschreitung des Isolationswiderstandes. Bis heute befinden sich noch einige ERSA-Stationen im Einsatz!

Die "Neuen", ERSA i-CON PICO MK2
Jede ausgesonderte Station konnte dank Unterstützung der Schule durch neue (kostengünstigere) Stationen chinesischer Bauart ersetzt werden. Die Haltbarkeit und das Handling ließen jedoch stets zu wünschen übrig, unter dem Gesichtspunkt "Nachhaltigkeit" war dieser Ersatz immer nur eine Notlösung. Als zur Jahresversammlung des Distrikes "W" des DARC (Deutschen Amateur Radioclubs) im letzten Jahr signalisiert wurde, dass noch Gelder insbesondere für die Jugendarbeit des Vereines verfügbar sind, zögerte ich nicht, einen Antrag für die Unterstützung unserer Schulstation mit neuen Lötstationen zu stellen.

Die Anschaffung von zehn neuen Lötstationen wurde beantragt. Dieser Bitte kam unser Distrikt sehr gerne nach. Die von mir angedachten "kostengünstigeren" Stationen wurden schnell verworfen. Warum sollten es nicht wieder altbewährte ERSA-Stationen modernster Bauart sein? Eine Recherche brachte schnell Gewissheit, Qualität hat immer noch ihren Preis. Gut 200 Euro kostet eine moderne  ERSA i-CON PICO MK2. Die Leistungsparameter überzeugen aber: 

- ein ergonomischer leichter Lötkolben mit sehr kurzer Anheizzeit

- eine kleine Stellfläche, die wertvollen Arbeits- und Aufbewahrungsplatz spart

- Automatischer Standby-Zustand für geringeren Energieverbrauch und höhere Spitzenstandzeit

- eine große Auswahl an auswechselbaren Dauerlötspitzen mit leichtem Spitzenwechsel und

- komplette Parametrisierung mittels Computersoftware und Micro-SD-Karte

Erfreulicherweise erklärte sich die Firma ERSA bereit, die Anschaffung der Stationen für die Jugendarbeit in Vereinen und Schulen mit einem kräftigen Preisnachlass zu unterstützen. Als Gegenleistung möchte man einen kleinen Erfahrungsbericht unserer AG beim Einsatz der Stationen. Dieser Aufforderung kommen wir sehr gerne nach.

Einweisung im Umgang mit dem Spitzenwechselsystem

In der gestrigen AG-Stunde sollten die Lötstationen nun auf Herz und Nieren getestet werden. Die Schülerinnen und Schüler unserer AG lassen sich grob in drei Erfahrungsgruppen einteilen. Die Einsteiger im Schuljahr 2023/24 besitzen bereits grundlegende Löterfahrung und vertiefen ihre Fertigkeiten zur Zeit an kleineren Reißzweckenschaltungen. Die fortgeschrittenen AG-Mitglieder sind sicher im Umgang mit dem Lötkolben und können bereits komplexere Platinen sauber und sicher aufbauen. Unsere langjährigen Teilnehmer scheuen nicht den Umgang mit SMD-Bauteilen kleinster Abmessungen, können eigene Schaltungen am Breadboard entwickeln und auf Platinen jeglicher Art umsetzen.

Für den Test der Stationen gab es drei Anwendungsszenarien:

I)  der Einsatz der im Lieferumfang vorhandenen ERSADUR Lötspitze meißelförmig 1,6 mm in der selbstentwickelten Reißzweckenschaltung "Morsetaste", 

II) die Verwendung der dazugekauften ERSADUR Bleistiftspitze 1,0 mm in den klassisch verdrahteten Platinen der AATiS Bausätze "Weihnachtsstern AS118", "Ewiger Blinker AS166" und "Borsti AS104" 

III) und ein Austesten der Grenzen der Bleistiftspitze an dem mit SMD-Bauteilen ausgestatteten Bausatz "Polizeisirene AS131"

Trockenübung zum Spitzenwechsel
Zur Einführung wurde mit den Schülerinnen und Schülern der Umgang und Spitzenwechsel an den kalten und nicht angeschlossenen Lötstationen besprochen. Hier lag der Schwerpunkt auf dem neuen patentierten Spitzenwechsel Tip´n´Turn, das Einstellen der Temperatur im Betrieb und die Trockenreinigung der Lötspitze in der mitgelieferten Metallwolle. Alle Schülerinnen und Schüler kamen sofort mit dem Spitzenwechselsystem zurecht. Die Bedienung ist intuitiv. Einige wichtige Punkte sollten jedoch vorher geklärt werden. Grundsätzlich ist der Lötkolben bei Spitzenwechsel immer auszuschalten! Ein Abkühlen der Spitze zum Wechsel ist durch den Kunststoffring nicht mehr nötig. Die gewechselte Spitze gehört jedoch in die Mulde der Silikonablage, um ein Verbrennen der Finger nachträglich zu verhindern. Die Drehung des Ringes zum Spitzenwechsel sollte mehrfach "trocken" geübt werden, da bei nicht genügender Drehung leicht das empfindliche Heizelement mit entfernt wird.

Im Betrieb ist uns besonders positiv die schnelle Anheizzeit von zirka zehn Sekunden auf die Nenntemperatur aufgefallen. Mit unseren alten Lötstationen war da stets eine "Zwangspause" einzuhalten. Die Anzeige der Ist/Soll Temperatur offenbart auch das exakte Regelverhalten der Station. Kleine Temperaturänderungen lassen sich schnell über die beiden Taster an der Frontseite der Station herbeiführen. Der Lötkolben liegt leicht und ergonomisch in der Hand, dass Zuleitungskabel ist weich und verwindungsfrei und stört nicht beim Lötprozess.

Gute Wärmeübertragung in der Reißzweckenschaltung
Das Verzinnen der Reißzwecken mit der Meißelspitze beim Aufbau der Schaltung "Morsetaste" geschieht einfach und leicht. Dabei liefert die Meißelform eine optimale Wärmeübertragung auf den Kopf der Reißzwecke. Das übliche Auskühlen der Spitze bei unseren Altstationen tritt hier durch die schnelle Temperaturregelung  der  i-CON PICO MK2 überhaupt nicht auf. Dadurch kann der doch aufwendige Vorgang des Verzinnens zügig durchgeführt werden. Auch das nachträgliche Erhitzen der aufgebrachten Lötzinnmenge zum Einbinden der bedrahteten Bauteile geschieht schnell und problemlos. 

Unser Fazit: Die Station in Verbindung mit der Meißelspitze hat mit ihren 80W ausreichende Leistungsreserven zum Einsatz in Reißzweckenschaltungen. Insbesondere kleinere Unsicherheiten beim Ablauf "Erhitzen - Zinnzufuhr/-wegnahme - Entfernung der Spitze" verzeiht die Station locker. Damit verdient sie das Prädikat "Anfängergeeignet".

"Borsti" - Roboter in konventioneller Löttechnik
Der Aufbau der konventionellen verdrahteten Platinen gestaltet sich mit der Meißelspitze doch etwas schwieriger. Insbesondere für eng liegende Lötpads ist 1,6 mm Meißelform zu grob. Schnell wechselten die Schülerinnen und Schüler unserer AG auf die Bleistiftspitze. Jetzt gelang der Aufbau der Bausätze in sehr kurzer Zeit. Die Bausätze "Weihnachtsstern" und "Ewiger Blinker" wurden innerhalb der AG Zeit in etwa einer Stunde fertiggestellt.

Unser Fazit: Mit der 1mm Bleistiftspitze spielt die Station bei der konventionellen Leiterplattenbestückung ihre Stärken aus. Der kleine und leichte Lötkolben kommt bequem an jede Stelle der Platine, die Lötstellen gelingen zuverlässig und in gleichbleibender Qualität. Insbesondere die Lötkolbenreinigung erspart die aufwendige Neubeschickung der vormals mittels feuchtem Schwamm gereinigten Spitzen. Dadurch kann die Haltbarkeit der Spitzen verlängert werden. Die Bleistiftspitze wird sicher ständig an unseren Lötkolben verbleiben.

Die "Hohe Schule" der SMD-Technik
Zum Schluss noch ein Blick auf den Einsatz der Lötstation am SMD Bausatz. Gewiss stellt der
oberflächenmontierte IC im SO14-Gehäuse noch keine große Herausforderung dar. Als Lötzinn stand uns auch nur Zinn mit 1mm Durchmesser zur Verfügung. Bei üblicher Vorgehensweise (Verzinnen eines Pads, Fixieren eines IC-Beinchens durch Erhitzen und Schieben in die korrekte Position), konnten alle SMD- Verbindungen ohne Lötbrücken korrekt ausgeführt werden. Für kleinere Gehäuseformen müsste man jedoch auf 0,5mm Lötzinn und feinere Bleistiftspitzen umsteigen. Prinzipiell könnte man jedoch schülertaugliche Größen von 805 und 603 mit der vorhandenen Bleistiftspitze löten.

Insgesamt sind die neuen ERSA-Stationen begeistert in unserer AG-Gruppe aufgenommen worden. Auch den Anfängern gelangen die Lötstellen schneller und ohne lästige Wartezeit durch Nachheizen. Wir hoffen, dass uns die Stationen wie ihre Vorgänger, die MS250, lange erhalten bleiben und uns erfolgreich bei den nächsten Projekten begleiten werden.

Jens Home (DM4JH)

 







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